Also kam ich am gestrigen Samstag Mittag wieder dorthin. Man kann den Checkpoint am Angkor Park ohne Ticket passieren wenn man sagt, dass man das COSO Heim besuchen oder dort als Freiwilliger helfen moechte. Eine sehr kulante Sache einerseits von der Angkor-Verwaltung. Andererseits ist es paradoxerweise unbegreiflich warum die sogenannte Sicherheitspolizei des Parks dem Waisenheim verbietet Flyer zu verteilen um auf sich aufmerksam zu machen. Korruption laesst gruessen und verloren hat der, der nicht korrumpieren kann.
Als ich dort ankam wurde ich gleich sehr herzlich von den Kindern empfangen und fing gleich an mit ihnen zu spielen. Dabei ist zu erwaehnen, dass die Einheimischen nicht mit ihren Kindern spielen. Das wuerde einer Demuetigung gleichkommen und die Ehre verletzen. Die Erziehung laeuft hier sehr frei und ohne grosse offensichtliche(!) Reglements. Die verborgenen gesellschaftlichen Massnahmen wie Heiratsregeln und dergleichen einmal ausser Acht gelassen. Doch andere Laender andere Sitten.
Zehn Minuten spaeter kam eine Gruppe junger Leute auf dem Gelaende an, die T-Shirts mit der Aufschrift CAMBODIA ORPHAN FUND (www.volunteercof.org). Ich hatte noch nie zuvor von diesem Fund, wie von so vielen Organisationen, die hier existieren, etwas gehoert. Wie ich spaeter erfuhr ist der COF diejenige Institution, die dem COSO die Freiwilligen zur Verfuegung stellt, die mit den Kindern spielen und ihnen Englisch- und Hygieneunterricht geben.
Ich wollte natuerlich mehr wissen ueber diese Organisation und hatte das grosse Glueck, dass die COF Mitglieder jeden Samstag mit den Kindern im gegenueberliegenden Sras Srang (kuenstlicher See im Park) schwimmen gehen. Und an diesem Samstag sollte auch der Direktor und Gruender des CAMBODIAN ORPHAN FUND, Nick Griffin, dabei sein. Als er kam machten wir gleich einen Termin fuer diesen Sonntag Vormittag aus. Den Rest des Samstags verbrachte ich mit den Kindern und den COF-Leuten am See.
Ich kam dort mit einer aelteren Australierin ins Gespraech, die mit ihrer ungefaehr zwanzigjaehrigen Enkeltochter ebenso mit von der Partie war und auf der Suche nach Organisationen ist, denen sie vertrauensvoll ihr Geld geben kann.
Sie sagte: „A lot of people are running social projects just to raise money for themselves.“
Sie bestaerkte mich darin mit Nick zu sprechen, da er ein "good guy" sei und gab mir noch eine weitere Adresse von einer anderen Australierin namens Deborah Groves. Sie sagte ich koenne sie zufaelligerweise dieses Wochenende nachts auf dem Night-Market antreffen, wo sie einen Verkaufsstand betreibt, an dem sie aber nicht immer anzutreffen sei. Doch an diesem Wochenende sei sie dort. Wieder in der Stadt angekommen machte ich mich sodann, als es dunkel wurde, auf den Weg zum Night-Market und ich fand den besagten Stand sehr schnell.
Deborah Groves, eine Australierin, Gründerin und Direktorin des Vereins HELPING HANDS
(Helping people help themselves / www.helpinghandscambodia.com) macht hier eine unglaubliche Arbeit. Sie hat sozusagen zwei Vollzeitjobs, da sie ihren eigenen Lebensunterhalt durch das Verkaufen von Fotopostkarten, Postern und anderem Fotografieverwandtem verdient und gleichzeitig mit den Spenden, die sie aquiriert und die zu 100% in die Projekte fliessen, hier sehr viel leistet. Ihr Motto ist Hilfe zur Selbsthilfe. Das heisst ohne eigenen Beitrag (natürlich nur wenn sie dazu auch fähig sind) bekommen die Menschen nichts. Es geht nicht darum, einfach nur Geld und Geschenke ins Land zu werfen, sondern um Sustainability, Nachhaltigkeit. Es gibt kein Büro, es gibt auch keinen Van oder eine Luxuskarosse die für die Mitarbeiter von den Spendengeldern finanziert werden.
Es sei sehr oft eine sehr sehr anstrengende und zermürbende Aufgabe all das durchzuführen und seine Motivation und den Enthusiasmus nicht zu verlieren, aber es sei nichtsdestotrotz eine sehr belohnende Arbeit. Auf die Frage wie sie denn das Problem mit der Westernisierung in sogenannten „unterentwickelten“ Ländern sieht, meinte sie, dass es natürlich ein Problem sei, welches jedoch die anderen existenzbedrohenden Probleme nicht überwiege. Der Hauptschlüssel liegt für sie in der Ausbildung und Aufklärung der Menschen. Dabei gehe es nicht nur um Schulische Ausbildung, sondern auch ganz essentiell um die Minderung lebensbedrohlichen Unwissens, wie z.B. das Trinken von verschmutztem Wasser. Weiterhin komme man ihrer Meinung nach nicht umhin den Kindern Englisch beizubringen, denn Englisch ist das Tor zur Universität. Allerdings sei es sehr wichtig als ausländischer Helfer oder insgesamt als ausländische Organisation einen tiefen Respekt vor der inländischen Kultur zu wahren, sie zu pflegen und insbesondere in die schulische Ausbildung mit einzugliedern. Sie erzählte mir z.B. von Spendern die den Kindern Bücher über die englische Geschichte schenkten, was natürlich der komplett falsche Weg sei, denn die Kinder sollen ihre eigene Khmer Kultur und Geschichte lernen und eine eigene selbstbewusste Identität entwickeln, die es ihnen ermöglicht unabhängig denken und handeln zu können. Selbständigkeit und Unabhängigkeit sind somit die Hauptziele von HELPING HANDS, einer kleinen Organisation, die klein bleiben möchte um weiterhin effektiv und nachhaltig handeln zu können. Dies soll kein Spendenaufruf sein, aber ich möchte auf jeden Fall sagen, dass jeder Cent dort gut angelegt ist, denn es ist sehr schwer in diesem riesen Wald an NGOs die wirklich hilfreichen zu finden. Und genau das ist auch eines der grössten Probleme mit der Deborah Groves in diesem zunehmends mehr verseuchten Geschäft zu kämpfen hat: „The major problem is getting the trust of donators.“
Heute morgen um zehn traf ich mich mit Nick Griffin in seinem Buero in der Taphul Road in Siem Reap. Auch Deborah Groves sagte mir, dass ich mich mit treffen solle, da er "really good work" macht.
Ich war froh, dass er sich Zeit genommen hat, denn am Sonntag hat auch hier gewoehnlich das meiste geschlossen. Das Buero ist sehr freundlich eingerichtet und man merkt, dass es erst zwei Jahre lang existiert. Sein Spendenkonzept definiert sich durch die selbstaendige Bestimmung der Spender wohin sie ihr Geld geben moechten. Nicht wie in einer grossen Organisation in die man als Spender sein Geld hineinwirft und nicht weiss wohin es genau fliesst, dokumentiert er auf Wunsch alle Aktivitaeten, die mit den Finanzen durchgefuehrt werden. Manche Spender wuerden ihm sogar speziell Geld fuer seine laufenden Kosten zur Verfuegung stellen, d.h. Miete fuer das Buero, Transportkosten etc. Das ist der Grund, dass er selbst auch leben kann, da er kein laufendes Einkommen hat. Sparsames Wirtschaften natuerlich vorausgesetzt.
Griffins grundlegender Ansatz in seiner Stiftung ist der, dass er nicht eigene Projekte aufbaut, sondern einheimische Initiativen, die von Einheimischen Khmer betrieben werden, unterstuetzt. Sowohl durch Finanzen, als auch durch Faehigkeitenvermittlung, Management-Unterstuetzung und dergleichen mehr. Er sagte mir, dass es zwei Typen von Hilfsprojekten gibt: Die einen, die alleine dem Betreiber Geld bringen und die anderen, die wirklich helfen.
Der Ausloeser fuer seinen Beschluss hier etwas zu tun, war die Erkenntnis, dass es in Kambodscha schon eine grosse Anzahl von Projekten gibt, die von Einheimischen betrieben werden, doch sind diese oftmals sehr ineffektiv, da sie nie wirklich gelernt haben zu wirtschaften und eine basisschaffende Planung zu entwickeln. Hier sieht Griffin seine Aufgabe, und zwar die bereits vorhandenen Ressourcen im Land zu nutzen und zu gestalten, um einerseits die Kultur des Landes zu unterstuetzen und aufrecht zu erhalten und gleichzeitig den Menschen die Faehigkeit zu geben sich selbst zu helfen und zu organisieren. Sein Hauptziel welches all seinem Tun hier zugrunde liegt ist das Aufbrechen des Armutskreislaufs. Und der Schluessel dafuer ist seiner Ansicht nach, gleichermassen wie bei Deborah Groves: Education.
Gleichwohl man Bildung nicht definieren koenne auf einen speziellen Punkt und es stets eine Gratwanderung bzw. ein Balanceakt sei zwischen Kenntnisvermittlung und der Wahrung der Kultur sei (wie oben erwaehnt, die Gefahr der Westernisierung).
Wie bei jeder Ein-Mann-Organisation ist es eine sehr zeit- und energieraubende Arbeit, Griffins O-Ton: "It's a tough job, but it's very rewarding! You know, it's like there are two ways of climbing up a hill"- der eine Weg ist ein flacher Weg der dich langsam aber sicher auf die Spitze des Berges fuehrt. Natuerlich musst du auf diesem Weg arbeiten um dein Ziel zu erreichen, doch alles geht auf einer relativ einfachen Art und Weise. Der andere Weg ist der, bei dem man sich muehsam an der felsigen Seite des Huegels in grossen Kraft- und Geduldakten nach oben ziehen muss. Das ist der Weg den er gewaehlt hat und der in seinen Augen der effektivste und nachhaltigste ist, da er weiss, dass die Projekte ohne ihn weiterlaufen wuerden, denn er hat Selbstaendigkeit und Eigenverantwortung geschaffen und vermittelt.
Doch beide Wege fuehren in seinen Augen am Ende zum Ziel.
Auf die Frage wie er das Vertrauen der Spender bekommt, antwortete er kurz und bestimmt:
"They just meet me!"
HELPING HANDS- Helping people help themselvesDeborah Groves in ihrem kleinen Marktstand auf dem Night Market. Ein Energiebuendel.
C.O.S.O und COF
Frontansicht vom C.O.S.O. I - Es gibt auch noch ein C.O.S.O. II, welches ca. 10km ausserhalb der Stadt gebaut wird und nach den Entwuerfen von Nick Griffin wie ein kleines Dorf mit einem gruenen Zentrum errichtet wird. Ein Teil des C.O.S.O. II steht schon und wird von den ersten Kindern bewohnt. Ich war dort, es ist sehr liebevoll gestaltet. In ca. 3 bis 4 Jahren wird es fertiggestellt sein.
Der Unterrichtsraum. Da Wochenende ist, ziemlich unaufgeraeumt.
Die sanitaeren Anlagen. Im Vordergrund ist nur der hier gewoehnliche Sandschlamm zu sehen.
C.O.S.O und COF
Frontansicht vom C.O.S.O. I - Es gibt auch noch ein C.O.S.O. II, welches ca. 10km ausserhalb der Stadt gebaut wird und nach den Entwuerfen von Nick Griffin wie ein kleines Dorf mit einem gruenen Zentrum errichtet wird. Ein Teil des C.O.S.O. II steht schon und wird von den ersten Kindern bewohnt. Ich war dort, es ist sehr liebevoll gestaltet. In ca. 3 bis 4 Jahren wird es fertiggestellt sein.
Der Unterrichtsraum. Da Wochenende ist, ziemlich unaufgeraeumt.
Die sanitaeren Anlagen. Im Vordergrund ist nur der hier gewoehnliche Sandschlamm zu sehen.
Der einzige Stromgenerator des Zentrums.
Die Kueche... es gibt zwei grosse Toepfe, einen fuer den reis und einen fuer das dazu zubereitete Gemuese oder sonstige Beilagen.
Der Schlafraum, in dem alle Kinder die Nacht verbringen. Es fehlt hier fast an allem, wie Matten, Decken, Moskitonetzen etc.
Jedes Kind teilt sich mit einem anderen ein Schliessfach fuer ihre kleinen Schaetze.
Die Kinder spielen mit dem Springseil, das ich ihnen mitgebracht habe.
Die Kueche... es gibt zwei grosse Toepfe, einen fuer den reis und einen fuer das dazu zubereitete Gemuese oder sonstige Beilagen.
Der Schlafraum, in dem alle Kinder die Nacht verbringen. Es fehlt hier fast an allem, wie Matten, Decken, Moskitonetzen etc.
Jedes Kind teilt sich mit einem anderen ein Schliessfach fuer ihre kleinen Schaetze.
Die Kinder spielen mit dem Springseil, das ich ihnen mitgebracht habe.
Siem Reap 28/09/2008