2008/09/22

Koenigreich Kambodscha

Kambodscha. Ein fast zehnjaehriger Traum ist in Erfuellung gegangen als ich gestern kurz nach 19 Uhr den Grenzuebergang bei Aranyaprathet-Poipet (der klassische Weg) ueberquerte. Frueher als gedacht, doch ich hielt das verqualmte und stinkende Bangkok nicht mehr aus, ich wollte Ruhe.
Und ich war ein gefundenes Fressen, dass sich blauaeugig fressen liess, geschluckt vom Schlund der Ahnungslosig- und Hilflosigkeit. Doch nun von vorne:
Als ich in den Zug von Chachoengsao nach Aranyaprathat sass, glaubte ich noch nicht wirklich an eine Grenzueberquerung am selben Tag. Zu vieles war mir zu unsicher, da ich nicht mehr viele Baht bei mir hatte (Dollars habe ich ungeschickterweise noch nicht getauscht) um zum einen mein Visum zu bezahlen, geschweige denn ein Tip zu geben.
Also kam ich um ca. 18.30 uhr Ortszeit in Aranya an und wurde natuerlich sofort von einem TukTuk Fahrer aufgefangen, der sofort meine Gedanken lesen konnte und alle meine Beduerfnisse sah, als haette ich sie mir auf mein T-Shirt drucken lassen:
Ich brauche ein Visum und ich will ueber die Grenze.
Die Wahrscheinlichkeit ist nahezu Hundert Prozent, dass ein Tourist dort diese Wuensche hat. So stieg, ausschau haltend nach einer Visa Stelle am Bahnhof, sehr zoegerlich ein, ahnend, dass es fuer thailaendische Verhaeltnisse nicht sehr guenstig sein wird.
Bei der Botschaft angekommen wurde mir das Tor von einem herbeirennenden Sicherheitsmann geoeffnet und die von mir auszufuellenden Formulare von einem seltsam schmatzenden Botschaftsmitarbeiter uebergeben, dessen Englischkenntnisse leider weit unter denen eines einheimischen Reisbauern lagen. Doch es klappte alles, ich durfte mit Euro bezahlen und ich hatte mein Ticket fuer Kambodscha.
Der TukTuk Fahrer wartete draussen schon etwas ungeduldig, daher stieg ich schnell ein und er brachte mich den letzten Kilometer zur Grenze. Dort angekommen fragte ich: "How much?" und rechnete mit ca 100 bis 150 Baht, was schon sehr viel gewesen waere, wenn man bedenkt, dass man in Bangkok fuer 20 bis 40 Baht die dreifache Strecke im TukTuk zurueck legen kann.
Doch was sagte er?!
"400Baht!"
Ich hatte noch 550 B in der Tasche, bezahlte ihn, war somit fast mittellos und wurde in der Kette weitergereicht.
Ich lernte den ersten Kambodschaner meines Lebens kennen. Ein sehr freundlicher Kerl (So wie fast alle hier im Grunde), ungefaehr in meinem Alter und mit dem Job (inklusive Ausweis) des Tourist-Boarder-Guide, also jemand der mir zeigte welche Behoerdengaenge ich zu machen habe und dass ich auf mein Geld aufpassen muesse, da hier jeder um meine Gunst aufwartete.
Als wir also den Weg vom TukTuk zur Passkontrolle liefen fragte er mich allerlei, ich antwortete auf vieles und als wir das taten, kam ein etwa vierjaehriges Maedchen auf mich zugerannt, das sich sofort an meinen Arm haengte mit einem Klang in der Stimme, der unerklaerlich aufruehrend und zugleich hilflos machte. Meine Hilflosigkeit aeusserte sich dadurch, dass ich ploetzlich anfing zu grinsen. Es meisselte sich den Weg ueber so fest in mein Gesicht, dass ich sehr grosse Schwierigkeiten hatte, es am Zolldurchgang abzustellen.
Dieses direkte Gefuehl der Hilflosigkeit und die gleichermassen ungeschminkte Konfrontation mit derselben kannte ich noch nicht in diesem Masse und ich war deshalb umso mehr erstaunt ueber meine Reaktion: Grinsen.
Sei es drum. Nachdem ich nun meinen letzten Stempel von der Aufsichtsbehoerde bekam, war ich nun offiziell nach Kambodscha eingereist. Wie selbstverstaendlich brachte mich der freundliche Kerl zu einem Taxistand, an dem wir etwas abseits auf das fuer mich bestellte Taxi warteten. Abseits deshalb, so mein Guide, da sich sonst die TukTuk Fahrer um mich sammeln wuerden. Als wir dort warteten, sagte ich ihm, dass ich gerne mein Geld in Dollars umtauschen wuerde und ob dies moeglich sei. Er sagte, dass es besser sei in die offizielle Riel Waehrung zu tauschen (was allerdings nach dem was ich bisher gelesen hatte nicht sehr vorteilhaft sei, da der Riel sehr sehr schwach ist und dementsprechend die Scheinanzahl sich in Onkel Dagoberts Geldspeicher verwandeln koenne).
Doch ich glaubte ihm. Ich glaubte ihm, denn ich war hilflos. Ich war hilflos und zugegebenermassen mit der Situation total ueberfordert.

Das Taxi kam. Wir stiegen ein und mein Guide zeigte dem Taxifahrer den Weg zu einer Geldtauschstelle. Kein normaler Mensch wuerde dort Geld tauschen. Ich tat es. Und ich vertraute, weil ich keine Ahnung hatte. Wieviel Riel sind ein Euro? Ich wusste es nicht, bekam zwei Buendel Geldscheine in die Hand gedrueckt, wurde ins Taxi gesteckt und ab ging es nach Siem Reap, die Stadt bei den Angkor Tempeln. Bevor wir losfuhren sagte mir der freundlich Guide, dass es 1500 Baht kosten wuerde mit dem Taxi.
Baht, ich hoerte dieses Wort Baht nicht, ich nahm es einfach nicht wahr, denn ich hatte gerade zwei riesen Buendel Geldscheine in der Tasche, von denen jeder Schein 1000Riel wert war. Ich dachte also, ok, 1500 ist ja dann nicht viel. Dummheit wird zuerst bestraft und Gutglaeubigkeit erst recht, doch dazu spaeter mehr. Nun erst einmal zur Taxifahrt:
Die Strassen sind nicht geteert, sie sind aber auch nicht vergleichbar mit den schlechtesten Feldwegen in Deutschland. Die Landstrassen hier bestehen einzig und allein aus Loechern. Es gibt fast keine Moeglichkeiten auszuweichen und vorrausschauendes Fahren ist vor allem Nachts in No way possible. Auf den Strassen tummelt sich Tag und Nacht alles was laufen oder fahren kann: Kuehe, Hunde, Fussgaenger, Autos mit Licht, Autos ohne Licht, Fahrraeder beleuchtet/unbeleuchtet, LKWs in allen Formen und Farben, Maeuse auf der Motorhaube(!!) und vieles mehr!!
Wer hier faehrt muss tollkuehn sein und gehoert zu den mutigsten, aber auch leichtsinnigsten Menschen dieser Welt!!
Die Realitaet kam schnell, als wir an einem Unfall vorbeifuhren mit mindestens zwei Schwerverletzten. Der Blutlache nach zu urteilen der auf der Strasse liegenden Unfallopfer hoechstwahrscheinlich Tote.
Hier gibt es nichts, keine Versorgung, kein Arzt, keine Erste Hilfe.. Man stirbt so oder so, es wuerde nichts bringen..
Ernuechterung.

Wir hielten zweimal um unsere durch das Schuetteln gefuellten Blasen zu entleeren und kamen nach nahezu drei Stunden Autofahrt kurz vor 22Uhr in Siem Reap an. Mein Taxifahrer brachte mich auch gleich zu einem Hotel und half mir beim Einchecken. Als ich ihn mit zweitausend Riel bezahlen wollte (Was ja wie oben beschrieben so gut wie nichts ist, ahnungslos wie ich bin) kam der Schwindel mit dem Money Change ans Tageslicht. Mit Hilfe des Hotelportiers kam heraus, dass ich nur 30% meines Eurobetrages in Riel wiederbekommen habe. Bei weitem zu wenig um den Taxifahrer zu entlohnen. Doch ich konnte am Geldautomaten das noetige Geld holen um den Taxifahrer zu bezahlen, der genauso hilflos ausgenutzt wurde wie ich.
Ernuechterung II.

Zum Glueck habe ich ich am Money Change Point nicht mein ganzes Geld gelassen sondern nur fuer diese Woche gerechnet, vielleicht doch mit einem mir verbliebenen Fuenkchen Misstrauen im Hinterkopf..
Wir verabschiedeten uns, ich ging auf mein Zimmer, aergerte mich, verbrachte eine schlechte Nacht und weiss nun:
Gutglaeubigkeit wird teuer bestraft!
(Doch lasse ich mein Geld lieber hier als woanders, auch wenn ich weiss, dass es vielleicht in einem Casino in Poipet verspielt wird)

Siem Reap 22/09/2008
Fabian

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Fabian,
warum hast Du nicht mehr in den Foren gelesen? Dort steht überall:
Nie einem Schlepper an der Grenze vertrauen, Visum gibt es an der Grenze, 20$ bzw.25 fürs Businessvisum, keinesfalls mehr, Tuk-Tuk und Taxipreise IMMER vorher aushandeln.Immer merken: Ein Euro ist knapp 1,5 Dollar bzw etwa 5400 Riel. Ein Dollar ist ungefähr 4000 Riel.
Tip von mir: Kauf Dir eine Simcard bei mfone / camshin, kostet nur 7 Dollar und Du bekommst 5 Dollar Gutschrift, nimm den Pass mit und frage nach 99er Nummer. Eine Minute nach D nur 1000 Riel. Andere Gesellschaften verkaufen nicht direkt an Ausländer.
Aus Hannover grüßt Klaus / WanTi

Anonym hat gesagt…

na hauptsache der kopf bleibt erst mal zum einen dran, zum andern hoch. noch ne gute zeit! gruß!
Tschimmi

Anonym hat gesagt…

Hey Wanti,

ich habe das schon in den Foren gelesen, irgendwie wusste ich das auch, doch ging alles so schnell, dass ich nicht mal bis drei zaehlen konnte. Fuer das Visum habe ich ja auch nur 25Euro bezahlt, da war ja auch noch alles in bester Ordnung..

Doch seis drum, Erfahrung versetzt Berge:-)

Danke fuer den Telefonkartentipp, zunaechst mal werde ich Skype probieren auf meinem Laptop.

Schoene Gruesse
Fabian

Anonym hat gesagt…

hallo lieber fabi

schön von dir zu lesen... hört sich ja alles sehr spannend an, und auf die tricks reinfallen, tut wohl jeder :-)
übrigens du wirst dich noch wundern, alle anderen strassen sind einwandfrei und ohne löcher, kannst dich ja mal erkundigen warum das so ist---

bin von der fu übrigens angenommen...

ich wünsch dir noch ganz viele wunderbare erfahrungen und berichte weiter
lg golly