2008/11/28

Mit Reiswein gegen Konventionen

Nach unzureichender Internetverbindung in Battambang und Pursat melde ich mich wieder zurueck aus Phnom Penh. Battambang an sich ist eine schoene alte Kolonialstadt, die wie alle Staedte Kambodschas zu Khmer Rouge Kriegszeiten voellig leergefegt war. Alte Kolonialbauten zeugen von einer franzoesischen Vergangenheit. Als ich ankam lernte ich Mr. Maro kennen. 45 Jahre alt, Familienvater von zwei Kindern und (leicht zu erraten) Mototaxifahrer. Er war mir gleich sympathisch durch seine offene Art und einem seiner ersten Saetze zu mir: "Please speak true to me, I speak true to you!"

Mr. Maro ist ein politisch sehr interessierter Mann, mit einem Hang dazu alle Laender die an Kambodscha grenzen zu verteufeln. Das tun viele Kambodschaner, aus Angst ihr Land koennte von den staerkeren Nachbarn gefressen werden. Doch seltsamerweise spricht niemand ueber China, das in den letzten paar Jahren Stueck fuer Stueck Kambodscha regelrecht aufkauft. In den letzten drei Jahren hat China jeden Monat eine neue Fabrik in Kambodscha gebaut, mit der vordergruendigen Hintergrundphilosophie, dass auch die Nachbarstaaten vom eigenen Aufbau profitieren muessen wenn man eine friedvolle Zukunft miteinander gestalten moechte.
Vordergruendig.
Nebenbei weist China immer noch jegliche Verantwortung an den Massakern der Khmer Rouge von sich, obwohl diese massiv aus dem Reich der Mitte finanziell unterstützt wurde. Wie konnten sie denn auch wissen was Pol Pots Schergen in ihrem Land alles anstellen. Es ging ja schliesslich nur um politische und wirtschaftliche Freundschaftsbeziehungen...

Mr. Maro allerdings hat ein besonderes Misstrauen gegenueber Vietnam, als finanziellen Unterstuetzer Hun Sens. Eine Unterstuetzung, die Hun Sen durch Bechtechungen vor den Wahlen an einfache Buerger zur Machterhaltung nutzt. Maro chauffiert mich durch Hun Sen-Unterstuetzer-Viertel mit guter Infrastruktur, guten Strassen und vielen motorisierten Menschen. Gleichzeitig jedoch auch die Oppositionellen-Bezirke mit sehr schlechten Verkehrsanbindungen und rudimentaeren Behausungen.
Er ist auch nicht traurig ueber den ploetzlichen Tod des Polizeichefs Hok Lundy, dem zweiten Mann Kambodschas, durch einen mysterioesen Hubschrauberabsturz. "He was a very brutal man!" sagt er mit heruntergezogenen Mundwinkeln.
Er zeigt mir die Countryside mit dem Krokodilhuegel und weitere von denen im ganzen Land verteilten Todes-Hoehlen der Khmer Rouge, die auf mich einen weitaus gruseligeren Eindruck machten als andere inszenierte Gedenkstaetten wie in Phnom Penh.
Als wir zum EkPhnom Tempel gelangen richtet er seinen Vaterblick mit ernster Miene auf die grossen Gruppen von Jugendlichen die dort "herumhaengen", Reiswein trinken und gefaehrliche Mopedstunts machen um den Maedchen zu imponieren. Es stellt sich heraus, dass die Jugendlichen in Battambang um einiges dreister zu sein scheinen als Jugendliche in Phnom Penh. Denn dort schwaentzen sie nicht nur die Schule, sondern wechseln gar ihre Kleidung auf dem Weg zu ihren Treffen. Die Schuluniform verschwindet in den Ablagen unter den Mopedsitzen. Fuer Mr. Maro ein grosser Dorn im Auge und er sagt, falls er eines seiner Kinder einmal hier erwischt wird er es verbannen. Zu ernst ist es ihm um die schulische Ausbildung und Verbesserung der Lebensverhaeltnisse seiner Kinder gelegen, als dass er solch eine Disziplinlosigkeit dulden koennte. Und zu hart und beschwerlich muss er sein Geld verdienen um das inoffizielle Schulgeld fuer seine Kinder zu bezahlen.
Abends lade ich ihn zum Essen ein. Es gibt Frosch und fuenf grosse Angkor Bier.
Am naechsten Tag fahren wir zu Phare Ponleu Selpak (Internet: http://www.phareps.org/), einem Zirkusprojekt in der Ocha Gemeinde. Dort treffe ich auf Youri Francx, ein Belgier und Fund Raising Officer. Einer von den drei auslaendischen Mitarbeitern von insgesamt rund fuenfzig Khmer-Projektarbeitern. Die Organisation wurde Anfang der Neunziger von Khmer Artisten gegruendet und besitzt nun seit einigen Jahren das einzige Zirkuszelt Kambodschas. Das Team absolvierte bereits Showtouren in der ganzen Welt und wird von Jahr zu Jahr bekannter. Es gibt auf dem Gelaende eine grosse Schule, einen Kindergarten, ein Freizeitzentrum, ein Cartoon Studio, ein Artisten Trainingscenter und ein Wohnhaus fuer freiwillige Helfer.
Sehr interessant und sehr aussergewoehnlich war das Cartoonstudio in dem professionelle Aufklaerungscartoons produziert werden, z.B. ueber Hygienethemen oder haeusliche Gewalt. Ich hatte das Glueck ein paar Minuten ueber die Schulter schauen zu duerfen. Ein Konzept, das ich bisher nicht gekannt habe.
Spaeter verabschiede ich mich von Maro bei einer Huehnersuppe und liess mir von ihm den Rat erteilen doch bitte sorgfaeltig die Nachrichten ueber Thailand zu lesen, bevor ich mich auf den Weg nach Bangkok im Dezember mache.
Am naechsten Tag ging es nach Pursat. Dort wollte ich die Organisation Sustainable Cambodia (Internet: http://www.sustainablecambodia.org/) sehen, die dort mit Hilfe von auslaendischer Freiwilligenarbeit Gemeinde- und Bildungsprojekte durchfuehrt.

Nachgelieferte Koh Kong Eindruecke

Mein erster Abend am Fluss.

Eine stillgelegte Fabrik am Rande von Koh Kong.

Sehr heruntergekommen, von aussen...

...wie von Innen.

Die zwei Kilometer lange Bruecke. Ein Teil des Weges zur Thaigrenze.

Ein wie ich finde ueberdimensional und viel zu aufwaendig gestalteter Sitz des kambodschanischen Roten Kreuzes. Der Garten ist piekfein gestaltet und Gartenpfleger bevoelkern dort das ganze Gelaende.

Drachensteigen an der Promenade.


Battambang

Ausserhalb von Battambang finde ich mithilfe eines heruntergekommenen Mopeds ein Gemeindedevelopment Projekt, das von Japan finanziert wird, einem der massgeblichen Spenden- und Projektinitiatoren in Kambodscha.

Eines der vielen Projektkarossen von Save the Children. Geldinvestition der besonderen Art. Ich war waehrend eines Praktikums bei der Auswahl der neuen Geschaeftsfuehrerin von STC Deutschland dabei, eine fruehere Personalmanagerin eines grossen deutschen Einzelhandelsunternehmens welches letztes Jahr pleite gegangen ist... Eigenartig manche berufliche Wege..

Ein wunderschoener Blick ueber das Hinterland von Battambang.

Die Strasse nach Battambang.

Eine der Hoehlen in denen sich tote Menschen stapelten.

Durch eines der besagten Oppositionellen-Viertel. Ob der Truck heute noch feststeckt weiss ich nicht. Spaetestens zur Trockenzeit muesste er wieder freikommen:-)

Der Bamboo Train. Eine Touristenattraktion. Ein Riesenspass! Aber die Geschwindigkeit ist nicht zu unterschaetzen. Besser man faehrt von einem der kleinen Haltestellen los, dort sind weniger Touristen und die Menschen freundlicher, so mein Eindruck.

Auf dem Weg zu meinem Guesthouse entdeckten wir eine Cobra, die ein paar Minuten spaeter von einem Anwohner gefangen wurde. Eine ganze Menschentraube sammelte sich innerhalb kuerzester Zeit.


Phare Ponleu Selpak in Battambang

Das Hauptbuerogebaeude.

Die Trainingshalle fuer die Artisten.

Links die Vorschule, rechts ist noch ein Teil des Cartoonstudios zu sehen.

Eine kleine Buehne fuer Proben und Auffuehrungen fuer Touristen.

Die Trainingshalle von Innen.

Das Zirkuszelt. Ganz versteckt im hinteren Teil des Gelaendes.

Im Inneren finden gerade Proben mit schauspielerischen und...

...artistischen Einlagen statt.


Sustainable Cambodia in Pursat

Am Rande von Pursat gelegen, das Buerocenter mit integrierter Schule.

Ein Teil der Gemeinde des Projekts.

Compost fertilizer. Ein Projekt zur natuerlichen Duengemittelherstellung fuer ein Heimgartenprojekt zum Anbau von Gemuese und Pflanzen.

Eine Reisbank mit deren Hilfe sich die Bewohner ihren Reiskonsum einteilen und damit rationalisieren koennen.

Ein Fischzuchtbecken, eines der aeltesten Projekte. Von deutschen Spendern finanziert.

Ebenso eine Schweinezucht wird hier aufgebaut...

...sowie eine Bienenzucht. Der Verantwortliche fuer die Bienenzucht wurde extra nach Ljubljana/Slowenien geschickt um effektive Honigproduktion zu lernen. Der gewonnene Honig wird auf dem Markt verkauft.

Brunnenbau. Ich weiss nicht ob es gute Brunnen sind, da muesste man Wolfgang Kutzek mal fragen.

Einer der Klassenraeume. Das ganze Gebaeude ist sehr offen gestaltet.

Hier die praeambelartigen Ziele...

...und Richtlinien.

Selbstredend.

Phnom Penh 28/11/2008

Keine Kommentare: