2008/11/18

Respekt

Mein letzter Tag in Kampot war letzte Woche Mittwoch. Ich musste nach Koh Kong, mein Visum verlaengern lassen. Denn ich machte Ende September in dem Trubel meiner Einreise nach Kambodscha den Fehler mir ein Touristen Visum ausstellen zu lassen. Ds laesst sich nur einmal verlaengern, daher musste ein neues her.
Meinen letzten Tag im wunderschoenen Kampot verbrachte ich in der Pagode auf Fish Island. Bisher die schoenste Pagode die ich hier gesehen habe. Nicht hauptsaechlich wegen dem Bau, sondern vielmehr aufgrund der angenehmen Athmosphaere dort. Direkt am Fluss gelegen, mit zwei Tempeln, einem alten und einem neuen.
Ich unterhielt mich dort mehrere Stunden mit Mina, einem 28 jaehrigen Moench, der seit zehn Jahren dort lebt und in einer Schule Englisch und Moral unterrichtet. Er moechte bald, wenn er sein Studium beendet hat, sein Moenchdasein aufgeben und eine Familie gruenden. Entweder eine Blumenfarm oder das Englischlehren soll ihm dabei als Existenzgrundlage dienen. Im Haus soll es viele Buecher fuer die Kinder geben. "Many books, so they can read and build the basis for their further education." Er war sehr daran interessiert Fotos auf meiner Kamera zu sehen. "But not cambodian, I know how it looks like here!", warnte er mich und so zeigte ich ihm Bilder der schottischen Highlands aus dem August diesen Jahres und Schlittschuhlaufen in Hamburg letzten Winter. Die Bilder wirkten sehr befremdlich auf ihn. Es gab zum Beispiel keine Baeume auf den Highlands und die Schlittschuhbilder sahen so aus als waere ganz Deutschland unter einer Eisflaeche begraben. Es machte Spass sich mit ihm zu unterhalten. DieWeisheit liegt in den einfachen Dingen.

Am Tag darauf ging es im Minibus in Begleitung dreier sehr zwiespaeltig erscheinenden Personen nach Koh Kong an die thailaendische Grenze. Ein Brite den ich in meinem Guesthose in Kampot traf, erzaehlte mir, dass ein gewisser Otto ein Gaestehaus in Koh Kong betreibt. Ein Deutscher. Irgendwie liess ich mich von diesem Tipp und meiner Sehnsucht mal wieder einen Landsmann zu treffen leiten und kehrte also mittags bei Otto ein.
Sein Gaestehaus ist im typischen Khmerstil aus Holz und sehr verwinkelt gebaut, sehr interessant. Ich fuehlte mich jedoch irgendwie nicht wohl. Ottos Gastfamilie war auch nicht die freundlichste, aber ich dachte mir, naja, vielleicht haben sie nur einen schlechten Tag.
Otto liess sich nur mal blicken wenn er sich ein neues Bier aus dem Kuehlschrank holte und wieder zurueck in sein Zimmer wankte. Meinen Wunsch einen Landsmann zu treffen stellte ich also aufs Abstellgleis. Bis zum Abend.
Ich sass an diesem Abend in Ottos Restaurant auf seiner Terasse mit einigermassen Ausblick, als ploetzlich drei Deutsche, Ende Fuenfzig bis Anfang Sechzig, am Nachbartisch Platz nahmen. Sie bestellten sich Jaeger- und Zigeunerschnitzel nach traditioneller Art.
Was dann folgte war ein Austausch ihrer Bettgeschichten im benachbarten Thailand, die ich im Einzelnen nicht wiedergeben moechte. Ich wusste nicht was ich denken oder fuehlen sollte. Mitleid oder Wut? Hass oder Scham? Ist auch egal.
Einer der werten Herren sagte jedenfalls nach seinem Schnitzel: "Ja, beim Otto kann man immer gut essen!"

Ich musste so schnell wie moeglich weg! Am naechsten Tag also die Visa-Prozedur und danach ein Ticket nach Battambang ueber Phnom Penh gekauft. Ein langer Marsch durch Koh Kong zeigte mir noch die Schoenheiten dieser Stadt, doch getruebt wird diese, wie so oft, durch die Menschen. In meinem Fall, der oben genannte war nicht der einzige, durch Deutsche.
Der Beigeschmack von Grenzstaedten.

Seit Samstag also mal wieder Phnom Penh. Und auch mal wieder das zweite Mal in den letzten zwei Monaten krank geworden. Wieder in Phnom Penh. Ich kann mich mit dieser Stadt einfach nicht anfreunden und bin froh sie morgen Richtung Battambang wieder zu verlassen.
Doch zuvor wollte ich Kidshelp-Kambodscha besuchen. Wie Wanti beschrieben hat, ca. 40 km noerdlich von Phnom Penh, 400 Meter nach Bruecke 19.
Ich hatte das Glueck einen aeusserst kompetenten Mototaxi-Fahrer zu finden. Sa Vin spricht sehr gut Englisch, hat eine Frau und moechte auch irgendwann raus aus Phnom Penh, wenn er sich ein Haus bauen kann. "This city is too dusty!"
Er war sogar so freundlich mir einen Helm aus seiner Wohnung zu besorgen. Einer von diesen Rugby- aehnlichen Helmen mit Kinnschutz, wie ihn Jack Nicholson in Easy Rider traegt. Irgendwie fuehlte ich mich auch so, mit dieser Haube auf dem Kopf.
Nach dreiviertelstuendiger Fahrt kamen wir am Buero- und Wohnhaus von Roger Valkenborgh an. Leider nicht so gluecklich, denn er verliess gerade sein Anwesen um nach Phnom Penh zu fahren. Ein Treffen mit dem Vater von Hun Sen, es gehe um wichtige Probleme. Er nahm sich aber noch kurze 5 min. Zeit um mir sein Buero zu zeigen, mir seine Telefonnummer zu geben und ein Foto zu machen. Er hat mich auch gleich eingeladen noch einmal wiederzukommen, er habe auch ein Gaestezimmer, ich muesse also nicht in Phnom Penh uebernachten. Also werde ich in ungefaehr zwei Wochen noch einmal vorbeischauen. Ein sehr freundlicher Mann. Ich moechte mehr erfahren.
Als Sa Vin im Buero ein Foto von Valkenborgh in Gesellschaft mit Hun Sens Vater sah, wurde er auf einmal etwas ehrfuerchtig und verbeugte sich vor Valkenborgh. Ich dachte es waere ein Zeichen des Respekts.

Auf dem Weg zurueck in die Stadt machte mich Sa Vin noch auf einige Jugendliche aufmerksam, die die Schule schwaentzen und dafuer ihr Schulgeld fuer jugendliche Prostituierte und Drogen ausserhalb der Stadt ausgeben. "There is a resort and rooms for sex."
Das hoerte ich zum ersten mal.

Als wir uns dann in Phnom Penh verabschieden und er mir seine Telefonnummer gibt, fuer den Fall, dass ich wieder herkomme, sagte er mit einem, dem gesagten abschaetzenden, Blick zu mir:
"This german guy from kidshelp meets some VERY special person today!"
Ich fragte ihn: "Do you think so? It's just Hun Sens father.. do you like Hun Sen?"
Sa Vin: "Not really!"

Ein Zeichen gespielten Respekts.

Phnom Penh 18/11/2008

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

WanTi mal wieder:
zu Koh Kong: Das war bis vor einigen Jahren ein beschauliches Kaff, in das sich nur die wenigen Rucksacktouristen verirrten, die dort die Grenze passierten und ggf. einmal übernachten mußten.
Dann änderte Thailand seine Visabestimmungen und seitdem rennen dort viele äußerst zwielichtige Gestalten rum, die dubiose Geschäfte über die Grenze hinweg betreiben...und die Sextouristen, die nicht weit von Thailand entfernt leben wollen und denen Phnom Penh zu weit (oder zu gefährlich?) ist.
Manchmal bist Du aber noch ganz schön "blauäugig", sonst wüßtest Du, dass praktisch jeder junge Mann in Südostasien seinen ersten Sex mit Prostituierten hat, häufig nach der Schule, für einige Tausend Riel....und das schon seit altersher. Das wird man Dir aber nicht gern erzählen, es sei denn, Du hast gute Bekannte oder Freunde dort. Die Frau, die man heiraten wird, bleibt bis zur Hochzeit unberührt. Die Prostituierten sind natürlich nie einheimische Mädchen(haha), sondern in Thailand kommen sie aus Laos oder Kambodscha. In Kambodscha sind es natürlich Vietnamesinnen, in Vietnam Mädchen aus Kambodscha. Und alle einheimischen Jugendlichen brauchen sich keine Vorwürfe zu machen.
Doppelmoral also überall auf der Welt!

Anonym hat gesagt…

Du verstrickst Dich ja zunehmend in Abenteuer! Spannend.

Anonym hat gesagt…

Och WanTi, irgendwie habe ich das Gefuehl, dass Du meine Beitraege manchmal nicht genau liest.
Denn eigentlich bist du dann genauso blauaeugig wie ich, wenn du glaubst, dass die Jugendlichen dort nach der Schule hingehen.
Vielmehr gehen sie dort waehrend der Schule hin. Sie verhoekern ihr Schulgeld, das ihnen von ihren Eltern mit auf den Weg gegeben wird. Und das nicht nur fuer Sex, auch fuer Drogen. Sie gehen also nur selten zur Schule, obwohl sie die Moeglichkeit haben.
Das ist das, was ich zum ersten Mal hoerte. Nicht mehr und nicht weniger.

Ein wenig Blauaeugigkeit finde ich im uebrigen nicht negativ, denn sie bewahrt einem ein Stueck Offenheit.

Ein Hoch auf die Blauaeugigkeit!

Viele Gruesse
Fabian

Anonym hat gesagt…

guter Aspekt! @blauäug.!
Manchmal bin ich viel zu verbohrt um Neues zu entdecken...